Sciadopitys verticillata
Die japanische Schirmtanne
Gut zu wissen:
Die Gattung Sciadopitys (Familie Taxodiaceae) umfasst nur eine Art. Der botanische Name kommt aus dem griechischen; Skiados heißt übersetzt Schirm; pitys bedeutet Tanne und verticillata heißt quirlständig. Sie ist im südlichen und mittleren Japan auf den Inseln Honshu, Shikoku und Kyushu beheimatet, wo sie in Berg- und Schluchtwäldern in Höhen von 300 bis 1500 Metern zu finden ist. Sie erreicht dort aufgrund des günstigen Klimas Höhen von 35-40 Metern. Da sie neben Thujopsis dolobrata, Thuja standishii, Podocarpus macrophyllos und Chamaecyparis pisifera zu den 5 heiligen japanischen Tempelbäumen zählt, ist sciadopitys vrticillata auch häufig in Tempelhöfen und –gärten angepflanzt.
Das Holz der Koja-maki, so der japanische Name, ist sehr widerstandsfähig gegen Fäulnis, weshalb es beim Bau von Häusern und Brückenpfeilern sowie Bootsbau, vor allem aber bei der Herstellung der traditionellen japanischen Badezuber Verwendung fand.
In frühen geologischen Zeiten war die japanische Schirmtanne weit über Japan hinaus verbreitet. Ihre Doppelnadeln sind in miozänen Braunkohlelagern am Rhein, in der Lausitz und an der Oder gefunden worden. Sie sehen in der Kohle wie Grasblätter aus, man nennt die Kohle deshalb auch Graskohle. Die ältesten Funde stammen aus der unteren Jura, einer Formation des Erdmittelalters mit Beginn vor 180 Millionen Jahren, weshalb Sciadopitys häufig mit Gingko biloba verglichen und wie diese als lebendes Fossil bezeichnet wird.
Die Schirmtanne und deren nächsten Verwandten waren somit auf der nördlichen Halbkugel einmal weit verbreitet.
Entdeckt wurde die Schirmtanne 1775 von C.P. Thunberg (1743-1828), einem der bedeutendsten Schüler von Linne, der in Japan viele Jahre als Arzt tätig war. Er hielt sie zunächst für eine Eibe und benannte sie als Taxus verticillata. Erst 1859, 82 Jahre später, konnte der deutsche Arzt und Botaniker Philipp Franz von Siebold (1796-1866), als Mitglied einer niederländischen Gesandtschaft in Japan, Samen aus Japan nach Holland schicken. Fast gleichzeitig sammelte J.G.Veitch (1839-1870), Besitzer der damals bekanntesten englischen Baumschule, Saatgut der neu benannten Sciadopitys verticillata, und führte sie zusammen mit Picea polita, Abies firma und Hamamelis japonica in England ein.
Bei uns in Europa kennen wir Sciadopitys verticillata als eher trägwüchsige Konifere mit dichtem, kegelförmigem Habitus. Sie erreicht nur selten Höhen von 10 Metern, nur im günstigen Klima Englands gibt es einige Bäume von bis zu 23 Metern Höhe. Sie findet in Gärten und Parkanlagen hauptsächlich in Einzelstellung Verwendung. Forstlich wird sie hier nicht genutzt (nur ein kleiner Versuchsanbau bei Köln).
Der gerade durchgehende Stamm gabelt sich häufig in mehrere gleichstarke Äste. Die Rinde ist dunkelbraun bis grau und löst sich bei älteren Bäumen in groben Streifen ab. Die Zweige an jungen Pflanzen und im oberen Teil älterer Bäume sind aufstrebend, ältere Äste stehen waagerecht ab oder sind leicht hängend.
Die ca. 10cm langen und 4mm breiten Nadeln sind glänzend dunkelgrün, biegsam und lederartig. Sie bestehen aus den paarweise an der Längsseite zusammengewachsenen Blattorganen (Cladodien) eines Kurztriebes. Sie stehen in engen Quirlen schirmartig an den Triebenden zusammen. Die eigentlichen Blätter sind bei der Schirmtanne auf kleine, 4mm lange Schuppenblätter entlang der Trieben reduziert.
Männliche Blüte
Die männlichen Blüten dieser einhäusigen Pflanze werden bereits im Jahr vor der Blüte in Form kleiner Kugeln, welche an den Triebenden in Büscheln zu etwa 12 eng zusammen stehen, ausgebildet. Die weiblichen Blüten werden meist erst im Blütejahr erkennbar. Die im zweiten Jahr reifenden eiförmigen, graubraunen. 5-7 x 7cm großen Zapfen enthalten voll ausgebildet in jeder Fruchtschuppe 7-9 Samen. Die Samen sind flach eiförmig, 12mm lang, und ringsum etwas geflügelt. Ein Zapfen kann bis zu 150 Samen enthalten. Die Zapfen bilden sich jedoch nur an sehr alten Pflanzen (25 Jahre und Älter) oder an mager gehaltenen, die dann eine Notblüte entwickeln, und in der Regel auch schlechtere Sämlingstypen entstehen lassen.
Weibliche Blüten, aus denen später Zapfen werden
Die Aussaat ist die gebräuchlichste Vermehrungsart. Die im 2. Jahr reifenden Zapfen werden ca. Mitte Oktober bei beginnendem Aufplatzen geerntet und dann trocken gelagert. Hierbei öffnen sich die Zapfen weiter und die Saatkörner fallen heraus, was durch Aufbrechen der Zapfen beschleunigt werden kann. Da selbst geerntetes Saatgut nur selten zur Verfügung steht, erfolgt die Aussaat meist mit aus Japan importiertem Saatgut, welches bei den bekannten Saatgutfirmen erhältlich ist. 100g Saat enthält ca. 3700 Korn.
Die Aussaat erfolgt etwa Mitte April im „kalten Kasten“. Die Keimung erfolgt nur sehr langsam nach ca. 100-120 Tagen mit 50-70%. Im ersten Jahr sieht man nur 2 Blätter die 12-15mm lang sind und im 2. Jahr folgen meist nur 4 weitere Nadeln. So sind die Sämlinge nach 2 Wachstumsperioden nur 3-4cm groß und haben nur ca. 6 Nadeln.
Die Vermehrung durch Stecklinge ist wenig gebräuchlich, da der Erfolg meist nur gering (unter 30%) ist. Die Stecklinge werden im Juni/Juli von halbreifen, im Herbst von ausgereiften Trieben geschnitten und unter Folie oder Sprühnebel gesteckt. Ebenfalls sehr selten ist die Veredlung. Sie findet hauptsächlich bei der Vermehrung der wenig bekannten Sorten, wie „Aurea“, „Pendula“, „Picola“, „Grüne Kugel“ und „Sternschnuppe“, Verwendung. Hierbei wird auf 4-5 jährige Sämlinge seitlich angeplattet. Auch ein Kopulieren auf Wurzelstücke, welche von Mutterpflanzen abgenommen werden können, soll möglich sein.
Sciadopitys verticillata gedeiht am besten auf einem nährstoffreichen, kalkarmen, humosen Boden (Moorboden am besten geeignet). Bei Kalküberangebot reagiert sie sofort clorotisch (Gelbfärbung der Nadeln). Sie braucht viel Nahrung und besonders bei Stickstoffmangel verfärben sich die Nadeln im Winter bräunlich. Sie ist vollkommen winterhart, aber sehr empfindlich gegen Spätfröste im Mai/Juni. Besonders junge Pflanzen können leicht Totalschaden erleiden.
Sciadopitys verticillata werden so gut wie nie von Schädlingen befallen, nur bei Jungpflanzen kann gelegentlich ein Befall mit Spinnmilben auftreten.